Solaranlagenträume und die Realität

Autark Reisen und Campen ist seit Corona im Trend. Viele überlegen sogar ihr Homeoffice in den Camper zu verlegen und kommen dann mit entsprechenden Wünschen und Anforderungen zu uns. Oft sind es Computerspezialisten und Programmierer mit energiehungriger Technik, die gerne vom Camper aus Arbeiten möchten und dann auch noch Reisen in den kühlen, schönen Norden wie Schweden unternehmen möchten.

Hier fällt es uns dann immer schwer die Instagram und Wordtraveler Träume zu zerstören.

Aber es gibt technische Grenzen.

Die Zuverlässigkeit einer Solaranlage hängt vor allem von drei Dingen ab:

  1. vor allem dem Akku
  2. der Leistung der Solarmodule
  3. effizienten Reglern und Invertern

Damit eine Anlage im Detail sicher und zuverlässig funktioniert sind ausreichend dimensionierte Kabel und Sicherungen entscheidend.

Fallbeispiel für eine Solaranlage.

Eine Familie plant auf Weltreise zu gehen. Der Mann ist Programmierer und auch seine Frau möchten jeweils 5-10 Stunden am Computer pro Tag arbeiten. Energiesparsame Laptops verbrauchen mit Verlusten ca. 60-100 Watt. Somit wäre die Familie schon bei ca. 2000 WH am Tag (ohne Kühlschrank, Standheizung, Licht) mit einzubeziehen.

Damit der Bedarf gedeckt wird, ohne den Akku ganz leer zu ziehen, ist also mindestens ein 200AH (2400WH) Akku notwendig. Diese gibt es aus China fertig oder aus Zellen zum selbst bauen zwischen 500 und 1000€. („Legale“ nach BattG und ElektroG in Deutschland vertriebene Akkus kosten das Doppelte.)

Sollte der Energieverbrauch von 2000WH werktäglich erfolgen ist der Akku jedoch darauf angewiesen jeden Tag auch vollständig mit 2000WH geladen zu werden.

Und hier besteht das eigentliche Problem der meisten Wohnmobile, dass durch Luken, Satschüsseln und co. nicht ausreichend gerade Dachfläche vorhanden ist.

Bei flach montierten (nicht zur Sonne ausgerichteten) Solarmodulen, hat man in Deutschland im Sommer ca. 5 Stunden „gute Sonne“ über die man ggf. bis zu 80% der Nennleistung der Module erzielen kann.

Um 2000 WH Solar in 5 Stunden (praktisch über den gesamten Tag) zu laden, benötigt man also 400 Watt Modulleistung.

Die Leistung von Solarmodulen wird bei 1000 Lumen Licht bei 25 Grad angegeben, was in der Praxis nie erreicht wird. Oft sind die Module schmutzig, es gibt weniger als 1000 Lumen Licht, nicht senkrecht montiert, Module erwärmen sich auf weit über 50 Grad, … deswegen sinkt die praktische Leistung entsprechend. Bei guten sauberen Modulen kann man über den „wolkenlosen“ Tag von ca. 80% der Nennleistung mit einer sehr positive Einstellung ausgehen.

Man benötigt also mindestens 500 Watt Solarmodulleistung auf dem Dach. Ein Standard 100 Watt Modul hat ca. die Maße von 1,20 Meter*0,5 Meter. Man benötigt also mit Halterungen 3 Quadratmeter ununterbrochene Dachfläche um 500 Watt Module zu verbauen. Gibt es Dachluken, Sattschüsseln und Ähnliches wird die benötigte Fläche durch die Halterungen noch größer.

So einfach und das Problem ist gelöst?

Leider nicht, das oben genannte Beispiel ist der Best Case bei bester Sonne und kühlen Temperaturen. Möchte man nun im Herbst oder Frühjahr oder in nördliche Regionen mit tiefer stehender Sonne Reisen, hat man statt 80% nur noch 20-40% der Solarleistung, würde also mehr als 1000 Watt Nennleistung an Solarmodulen benötigen, was selbst bei geraden Dachflächen, ohne Luken auf kleinen Vans und Campern kaum mehr zu verbauen ist. Insbesondere Camper mit gewölbten, besonders aerodynamischen Dachflächen, die sich zum schnellen und sparsamen Fahren eignen, ermöglichen es kaum mehr als 300 Watt zu verbauen. Wintercamper benötigen also zwingend einen Ladebooster oder Generator und sollten ggf. ganz von den Träumen einer autarken Solaranlage Abstand nehmen.

Für uns gibt es nichts Schlimmeres als eine „teure“ Solaranlage, die am Ende dennoch nicht den Anforderungen entsprechend funktioniert, bzw. nach kurzer Zeit das Herzstück „der teure LiFePo4-Akku“ zerstört ist.

Wichtig ist vor allem möglichst viel der Kühl und Heizleistung auf Gasbetrieb zu bauen, da dies wesentlich günstiger ist als elektrische Lösungen.

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